Susanne Schubarsky

WELLNESS IST WIRKLICH URSUPER - Leseprobe

Ich komme heim von der Arbeit, an dem Tag schon ein bissl früher, weil mich der Chef hinausgeschmissen hat. Keine große Sache, das macht er mindestens einmal im Monat, aber er beruhigt sich dann bald wieder. Es dauert halt ein paar Tage, bis er anruft und mir vorjammert, dass ihm seine beste Tänzerin fehlt und ob ich nicht doch wieder anfangen möchte. Die anderen Mädels haben nämlich so gar kein Gefühl dafür, was die Männer anmacht. Ist halt so.

Diesmal hat er mir nicht mal Zeit gegeben mich umzuziehen, Jeans und T-Shirt sind noch in der Garderobe. Also stapfe ich mit den High Heels und sonst fast nichts an durch die Straßen zu meiner Wohnung. Manni wird wohl noch schlafen, es ist ja auch erst vier Uhr früh.

Als ich reinkomme, höre ich lautes Stöhnen. Hm. Ist ihm wieder mal schlecht vom vielen Bier? Ich natürlich gleich ins Schlafzimmer, und dort haut’s mich richtig aus den Socken, oder halt aus den Schuhen, weil Socken habe ich ja keine an. Ist der Typ doch tatsächlich am Vögeln, mit irgendsoeiner Tussi!

Ich sofort hin und zieh die Nutte an den Haaren aus dem Bett. Meinem Bett! Sie kreischt – An den Haaren reißen tut gemein weh! – und was tut der Saukerl? Gibt mir eine Ohrfeige, dass ich Sterne sehe und schreit mich an, dass er genug von mir hat und ich mich schleichen soll.

Und ich Volldeppin tu das auch noch! Erst am nächsten Tag bei Evelyne, der so nett war und mich kurzfristig aufgenommen hat, ist mir dann eingefallen, dass es ja eigentlich meine Wohnung ist. Aber da war es dann schon zu spät. Manni hat das Schloss auswechseln lassen und ich bin nicht mehr hineingekommen. Die Hausverwaltung hat nur gemeint, da können sie gar nichts machen, ich soll die Polizei holen. Genau. Großartige Idee.

Also sitz ich bei Evelyne, der auch gerade arbeitslos ist, weil die Nachfrage nach zwei Meter großen Transvestiten, die sich weigern, ihren Bart abzurasieren, meistens eher gering ist. Dabei kann er echt gut tanzen.

Wir sitzen so bei unserem Wodka, da kommt die Post. Und da hat er doch tatsächlich einen Wellness-Urlaub gewonnen! Aber das passt ihm gar nicht, eigentlich wollte er nämlich den Hauptpreis, ein Cabrio, und so schenkt er mir den Gutschein, einfach so. Eine Woche Urlaub in einem Luxus-Wellness-Hotel. Ein Super-Kumpel, der Evelyne. Für mich ist das perfekt, denn da brauche ich eine Woche lang nicht darüber nachzudenken, wie ich mir das Essen leisten kann. Außerdem bieten sich in so einem Schuppen bestimmt jede Menge Gelegenheiten, wie man zu Kohle kommen kann. Die Leute dort schwimmen ja nur so im Geld. Ich falle ihm um den Hals, borge mir noch ein paar seiner Kleider, T-Shirts und was man sonst noch brauchen kann, weil meine Sachen ja immer noch in meiner Wohnung sind, und mache mich auf den Weg. Sogar die Zugkarte ist in dem Gewinn inkludiert.

Wie ich in dem Hotel ankomme, ist nichts mehr frei.

Mehr davon in:

So schön tot
Hrsg. v. Sandra Lüpkes und Christiane Franke
dtv Verlag, September 2012
ISBN 978-3423213943
256 Seiten
Euro 9,90